Die Gründung des Klosters

Im Jahre 1123 gründeten die Mönche von Morimond das erste Zisterzienserkloster auf deutschem Boden: die in der Folge so berühmte Abtei Camp am Niederrhein. Die junge Pflanzung wurde von vielen Schwierigkeiten bedroht, aber sie entwickelte sich trotzdem sehr schnell und wurde die Mutter zahlreicher Tochterklöster. Am 1. Oktober 1448 bezogen Camper Mönche das fast gänzlich verarmte Zisterzienserkloster Bottenbroich. (Bottenbroich im Kreise Bergheim gehörte zum ehemaligen Herzogtum Jülich). Dank der unverdrossenen Arbeit seiner neuen Bewohner gelangte dieses Kloster allmählich wieder zu schöner Blüte.

Mit dessen Prior Johannes Noy von Goch trat Pfarrer Duymgen von Heimbach in Unterhandlung zwecks Übernahme der Kapelle auf dem Kermeter. Der Prior von Bottenbroich willigte in den Vorschlag des Pfarrers ein. Laut Urkunde vom 10. November 1480 schenkte Pfarrer Duymgen durch einen zu Köln vor dem hochwürdigsten Offizial der Erzbischöflichen Kurie und stellvertretenden Generalvikar, Dr. Heinrich Steinwech, getätigten Notariatsakt die Kapelle auf dem Kermeter mit allem Zubehör und das ihm noch zufallende Erbe dem Zisterzienserorden und besonders dem Kloster Bottenbroich. Die Mönche mußten sich ihrerseits verpflichten, die Kapelle weihen zu lassen, den Gottesdienst daselbst zu halten und, wenn möglich, ein Kloster dort zu errichten. Da der Prior P. Johannes von Goch und der Konventuale P. Konrad von Goch im Namen des Klosters die Schenkung annahmen, dürfte der 10. November 1480 als der eigentliche Gründungstag des Klosters bezeichnet werden .

Zur Gründung eines Klosters wurden ein Abt oder Prior und zwölf Mönche bestimmt. Im Beginn des Ordens verließen die auserwählten Brüder zusammen das Mutterkloster, um sich an jenen Ort zu begeben, den die Vorsehung ihnen bestimmt hatte. Später verordnete das Generalkapital, daß bei Neugründungen einige Brüder vorausgeschickt werden sollten, um die notwendigen Bauten auszuführen. Erst wenn die regularen Orte, d. h. Kirche, Schlaf- und Speisesaal, Fremdenzelle usw. vorhanden waren, durfte die kleine Familie sich an den neuen Bestimmungsort begeben. So ist es auch zu erklären, daß für manches Kloster ein doppeltes Gründungsjahr angegeben ist. Für den Orden galt jedoch als Geburtstag eines Klosters der Tag, an dem der Obere mit seinen zwölf Mönchen in das Haus einzog und davon Besitz nahm. 

Schon wenige Wochen später sehen wir einige Mönche auf den Kermeter, die für Pilger sorgen und die ersten Rodungen und Vorbereitungen für den Bau vornehmen. Wohl mag es eine harte Arbeit gewesen sein, den waldgekrönten Berg zu lichten, Steine zu brechen, den Boden urbar zu machen, zu ebnen und in Ackerland und Wiesen umzuwandeln. Doch der Fleiß und die Ausdauer die Zisterzienser schreckten vor keinem Hindernis zurück. Still und bescheiden arbeiteten sie zur Ehre Gottes und zum Heile des Nächsten. Der hochwürdigste Herr Heinrich (auch Arnold) von Unkel aus dem Minoritenorden, Bischof von Cyrene, Weihbischof und Generalvikar des Erzbischofs Hermann IV. von Köln, vollzog am 12. September 1481 die Weihe „der vor kurzem errichteten Kapelle der heiligsten und glorreichsten Jungfrau Maria im Walde“. 

In der Urkunde führt der hochwürdigste Herr auch an, daß er zwei Altäre geweiht habe: einen zu Ehren der glorreichsten Jungfrau Maria, der heiligen Jungfrauen Katharina, Barbara, Dorothea und Clara; den anderen zu Ehren der Heiligen: Hubertus, Antonius, Franziskus und Bernardus. Der Jahrestag der Kirchweihe wurde auf den fünften Sonntag nach Ostern festgesetzt und sollte feierlich begangen werden.

Im Jahre 1483 muß der Bau des Klosters schon ziemlich weit vorangeschritten gewesen sein, denn die Totenbücher berichten, daß der am 4. Mai 1487 verstorbene Schöffe Petrus Muyser aus Vlatten, seit 1483 als Familiar der Mönche, ein sehr strenges Leben geführt habe.
(Die Familiaren nahmen eine Zwischenstellung ein zwischen den Konversbrüdern und den Klosterknechten. Es waren vielfach Wohltäter der Mönche, die im Kloster ihren Lebensabend zubrachten). 

Für die Neugründung auf dem Kermeter fand in diesem Jahr 1483 ein überaus wichtiges Ereignis statt. Arnold, Abt von Altenberg und Ordenskommissar für Deutschland, inkorporierte am 6. August die Kapelle auf dem Kermeter dem Kloster Bottenbroich. In der diesbezüglichen Urkunde gibt der Abt seiner Freude Ausdruck über den Erwerb der Kapelle seitens des Ordens und spricht die Hoffnung aus, daß hier recht bald Mönche von Bottenbroich ein reguläres Leben führen möchten. In beredten, von großer Bibelkenntnis zeugenden Worten, legt der Abt dem Prior und seinem Konvent ans Herz, mit allem Eifer, wie es frommen Männern geziemt, die Verehrung Mariens, der großen Helferin und Fürbitterin der Christenheit, zu fördern. Er weist hin auf die Nöte und Drangsale der Zeit, deren Abwendung am besten durch die Fürbitte der Mutter des Herrn erlangt werden könne. Er wünscht daher, daß diese Muttergotteskapelle, die dem Zisterzienserorden, dessen besondere Patronin Maria sei, auf so hervorragende Weise übertragen worden sei, für das gläubige Volk eine beliebte Zufluchtsstätte in aller Not werde, viel geschätzter als ehedem der Tempel Salomons, der doch nur das Sinnbild eines katholischen Gotteshauses war. 

Der Schluß ist eine herrliche Lobrede auf die Herzöge von Jülich und Berg, die alle Großen des Landes durch ihre Freigebigkeit gegen Kirchen und Klöster überträfen. Besonderes Lob widmet er dem Herzog Wilhelm IV., der die schöne Kartause im Jülicher Land gestiftet und nun in Vereinigung mit seiner Gemahlin, der Herzogin Sibylla von Brandenburg, auch diese Kapelle zu fördern suche zum Heile seiner Seele und zum Gedächtnis seiner durchlauchten Verwandten, auf das allen, durch das Gebet derjenigen, die von ihren Wohltaten leben, die ewige Seligkeit zuteil werde. 

Rüstig schritt der Bau voran. Weitere drei Jahre arbeiteten die Pioniere der Kultur. Da brach das Jahr 1486 an, das für die wackeren Mönche auf dem Kermeter und für die Gläubigen der Umgegend so freudevoll sein sollte. Feierlich bezeichnet das Totenbuch den 4. April dieses Jahres als den wirklichen Gründungstag des Klosters mit den schlichten Worten: „An diesem tage kamen die ersten Patres von Bottenbroich hier an“. Es waren folgende: der hochwürdige P. Johannes von Goch, der ehrwürdige P. F. Johannes von Köln, P. Johannes Wyrdt, der später das Amt eines Subpriors bekleidete, P. Johannes Kuck, P. Gerhardus Goch, P. Heinrich Goch, der jedoch bald nach Bottenbroich zurückkehrte . An einer anderen Stelle führt das Totenbuch die Namen der ersten Brüder an, die von Bottenbroich nach Mariawald geschickt wurden: Br. Jakobus von Aachen, der nach einer Aufzeichnung in den Totenbüchern als Baumeister im Kloster tätig war, Br. Antonius Bruin, Br. Matthias Contzen, der Bäcker und Brauer war, Br. Heinrich Oehm, Br. Marcellus Wirdt, Br. Wilhelm Wirdt, Br. Hermann Doesberg.

P. Johannes von Goch war der Prior dieser kleinen Gemeinde. Er sollte die zwölf leiten, die nach Sitte des Ordens mit der Neugründung beauftragt wurden. Neues Leben und neue Tätigkeit begannen auf dem Kermeter. Die ersten und notwendigen Bauten waren ja errichtet; doch, sollte die jugendliche Gründung zu einem selbstständigen Kloster erhoben werden, so mußten alle jene Räume vorhanden sein, die ein klösterliches Leben ermöglichen. Alle, Patres und Brüder, legten mutig Hand ans Werk, soweit es ihre Kräfte gestatteten und in kurzer Zeit gelang es ihnen, ihren Fleiß gekrönt zu sehen. Am 14. September 1487 konnte Abt Arnold von Altenberg das neue Kloster dem Orden inkorporieren. In seiner Urkunde bezeugt er, daß die Gebäude nunmehr soweit hergestellt wären, daß sie mit der Kapelle ein eigentliches Kloster bildeten, dem er den Namen „Nemus Mariae, Wald Mariens“ gab. Das Kloster auf dem Kermeter war somit ein selbstständiges Priorat, das als solches an den Rechten, Privilegien und Pflichten des Ordens teilnahm.

Zwei Jahre später, am 10. Oktober 1489 , erteilte auch Wilhelm IV., Herzog von Jülich und Berg, seine Genehmigung. Es bestätigte nicht nur das neu errichtete Kloster, sondern ermächtigte es auch, in seinen Ländern Almosen zu sammeln, deren jährlicher Reinertrag jedoch nicht über 200 rheinische Silbergulden hinausgehen dürfe. Das Kloster verpflichtete er, dem jeweiligen Pfarrer von Heimbach jedes Jahr eine Mark Silber zu zahlen, um dadurch zu erkennen zu geben, daß es „unter der Kirch von Heimbach stände“.

Pfarrer Johann Duymgen von Bürvenich hatte den Herzog um diese Bestätigung ersucht. Die Veröffentlichung derselben sollte er jedoch nicht mehr erleben, denn er starb bereits am 30. Januar 1489. Sein Name wird zum ersten Male in einer Handschrift vom 1. Mai 1476 erwähnt. Burggraf, Schultheiß und Schöffen des Amtes Heimbach stellen ihm ein Empfehlungsschreiben aus, daß er für den Neubau der Kirche zu Heimbach Almosen sammeln soll. Und als Grund, weshalb sie den Pastor mit dieser Sammlung gleichsam beauftragen, führen sie dessen Wohltätigkeit an, da er jährlich 14 Malter Roggen für diesen Bau gebe. Sein Wohltätigkeitssinn trieb ihn auch an, die Kapelle auf dem Kermeter zu errichten und sie den Mönchen von Bottenbroich zu schenken. Der Eifer für die Ehre Gottes verzehrte ihn, und sein Herz war von heiliger Liebe zur allerseligsten Jungfrau entflammt, was der Erzbischof von Köln in einer Urkunde ausdrücklich hervorhebt (Heimbach Pf. Jasc. I. Nr. 10. Orig. Berg. Urf. 1497 Okt. 21.).

Die Dankbarkeit gegen diesen edlen Priester bewog denn auch die Mönche in das Totenbuch zu schreiben: „30. Januar: Jahrgedächtnis für den ehrwürdigen und hochachtbaren Pater und Herrn Johannes Duymgen von Bürvenich. Er hat den ersten Anlaß zur Gründung dieses Klosters gegeben. Vor dem Ende seines Lebens ließ er sich in den Orden aufnehmen, und mit dem Mönchsgewand bekleidet, schied er im Jahre Christi 1489 aus diesem Leben. Dieser fromme, gottergebene Mann setzte unsern Konvent und Orden zum Erben seiner ihm von Rechts wegen zukommenden Güter ein.“ Darum sollte für ihn nicht nur eine stille heilige Messe, sondern ein feierliches Hochamt usw. dargebracht werden, was das Totenbuch ausdrücklich bemerkt.

Nicht lange sollte P. Johannes von Goch als Prior dem jugendlichen Kloster vorstehen. Er scheint von einer langwierigen Krankheit befallen gewesen zu sein, die wohl auch der Grund war, weshalb er gegen Ende des Jahres 1491 nach kaum fünfeinhalbjähriger Regierung sein Amt niederlegte. Er blieb jedoch bis zu seinem Tode, der am 2. August 1503 erfolgte, in Mariawald. Über sein Leben und Wirken sind keine näheren Angaben vorhanden. Still und bescheiden lebte und starb er als ein treuer Sohn des hl. Benedikt. Die Totenbücher nennen ihn fromm und gottesfürchtig (Netr. I. u. II. 2. August und die Namensverzeichnisse).

Gründungsurkunde
Gründungsurkunde
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